Forward Genetics für translationale Forschung an soliden Tumoren

Dr. Jovan Mircetic
 

Forward Genetics-Pipeline zur Identifikation von Treibern der Therapieresistenz mithilfe patientenabgeleiteter Organoide. © Biorender

Gastrointestinale (GI) Krebserkrankungen zählen zu den am häufigsten diagnostizierten Malignomen und sind weltweit die führende Ursache für krebsbedingte Todesfälle. Da die frühen Krankheitsstadien meist symptomlos verlaufen, erfolgt die Diagnose häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium – verbunden mit großen, genetisch und phänotypisch heterogenen Tumoren. Solche Tumoren bestehen oft aus mehreren Klonen mit unterschiedlichen Treibermutationen, was sie praktisch unempfindlich gegenüber den derzeit verfügbaren zielgerichteten Therapien macht.

Am Beispiel des Magenkarzinoms (GC) stehen derzeit lediglich zwei zielgerichtete Therapien zur Verfügung, die den Patient:innen jedoch nur begrenzten Nutzen bieten. Folglich werden sämtliche zielgerichteten Ansätze bislang in Kombination mit klassischen Therapien – also Chemotherapie oder Strahlentherapie – eingesetzt. Dies gilt sogar für neue Therapieformen wie Immuntherapien.

Da die derzeitige Paradigmenorientierung auf Treibermutationen in hochgradig heterogenen Tumoren nur eingeschränkt erfolgversprechend ist, verfolgen wir einen neuen Ansatz: Wir möchten zielgerichtete Therapien entwickeln, die direkt synergistisch mit klassischen Verfahren und/oder Immuntherapien wirken, statt lediglich parallel dazu eingesetzt zu werden. Voraussetzung dafür ist, die Ursachen des Therapieversagens – die Entwicklung von Resistenz – molekular und funktionell zu charakterisieren.

In unserer Junior-Gruppe am DKTK, Partnerstandort Dresden, modellieren wir die Entstehung von Therapieresistenzen in patientenabgeleiteten Organoiden (PDOs). Dieses physiologisch relevante Kultursystem bewahrt die Tumorheterogenität und kann Patientenantworten auf Therapien zuverlässig vorhersagen. Dieses Modell wird für verschiedene gastrointestinale Entitäten genutzt, darunter Magen- und kolorektale Karzinome (CRC), und unter Einsatz unterschiedlicher aktueller Therapieschemata. Mithilfe von Omics-Ansätzen analysieren wir genomische, transkriptomische und proteomische Veränderungen entlang des evolutionären Resistenzentwicklung. Ergänzend erfolgt eine funktionelle Charakterisierung mittels genetischer Screenings, die verschiedene Cas9-Modi nutzen. 

Dank einer umfangreichen Organoid-Biobank am Standort können wir unsere Befunde direkt an Patientenmaterial (PDOs) validieren sowie in Kooperation mit Partnern in Mausmodellen überprüfen.

Zukünftige Projekte und Ziele
Unsere zentralen Forschungsziele liegen in der Identifikation von Signalwegen, die Therapieresistenzen antreiben, sowie im rationalen Design von Wirkstoffen, die resistente Tumore wieder sensitivieren können. Der Fokus liegt auf der Resistenz gegenüber Chemotherapie und Radiotherapie, den beiden am häufigsten eingesetzten Behandlungsmethoden bei gastrointestinalen Tumoren. Durch Untersuchung der Resistenzentwicklung in vitro und in vivo wollen wir Schwachstellen identifizieren, die sich durch alternative Signalwege („salvage pathways“) ergeben. Zudem möchten wir genetische Resistenzmarker identifizieren, da Patient:innen bislang weder für Chemotherapie noch Radiotherapie systematisch stratifiziert werden. Die Erkennung von Risikopatient:innen und die Entwicklung neuer synergistischer Therapien bilden somit die beiden Kernziele unseres Labors.
 

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Dr. Jovan Mircetic

Juniorgruppenleiter – Forward Genetics für translationale Forschung an soliden Tumoren

OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie

Technische Universität Dresden

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