24.06.2019

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Neue Therapieansätze gegen Residuale Tumorzellen

DKFZ-Bayer Allianz fördert DKTK Initiative zur Entdeckung neuer Wirkstoffkandidaten bei Hirntumoren

Zellen aus dem Tumorrand, die nach der operativen Entfernung eines Glioblastoms im Gehirn verbleiben, sind häufig für Rückfälle bei Patienten verantwortlich. Ihre Eigenschaften sind bislang jedoch kaum erforscht.  Am DKTK Standort Essen/Düsseldorf entsteht eine neue Forschungsplattform, um die Restzellen von Tumoren als effektive Angriffsziele für neue Therapeutika zu nutzen. 

Kaum durch chirurgische Eingriffe zu entfernen: Glioblastomzellen (blau/grün/rot), die sich netzartig durch das Gehirn eines Krebspatienten ziehen. (© Björn Scheffler/Universität Duisburg Essen)

Gliome sind Hirntumoren, die sich diffus im Gehirn ausbreiten und zu bösartigen Glioblastomen werden können. Schon in frühen Stadien beginnen die Tumorzellen zu wandern und das Gehirn mit einer Art Netzstruktur zu durchziehen. Sie durch eine Operation vollständig zu entfernen ist daher kaum möglich. Die verbleibenden sogenannten Residualen Tumorzellen können dann trotz Chemotherapie und Bestrahlung wieder zu neuen Wucherungen führen und Metastasen bilden. „Bisher wurden jedoch die im Patienten verbleibenden Tumorzellen für die Erforschung und Entwicklung neuer Therapien nicht berücksichtigt“, sagt DKTK Wissenschaftler Björn Scheffler von der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen.

Scheffler und seine Kollegen vermuten, dass dies ein Grund dafür sein könnte, warum sich bisherige Therapieansätze gegen Glioblastome als wenig wirksam erwiesen. Für Diagnose und Therapieempfehlung wurden bislang allein die Eigenschaften der operativ entfernten Tumorzellen herangezogen. „Der Vergleich von routinemäßig entferntem Tumorgewebe mit den verbleibenden Residualzellen zeigt jedoch ganz spezifische Unterschiede der molekularen Profile“, erklärt Martin Glas, der das Projekt als Neuroonkologe des Essener Universitätsklinikums begleitet. Das Verfahren zur Gewinnung der im Patienten verbleibenden bösartigen Tumorzellen ließen die Wissenschaftler bereits im Jahr 2013 patentieren. Seitdem hat das Team über 200 Patientenproben untersucht und dabei 32 vielversprechende mögliche neue Angriffsziele (sogenannte „Targets“) entdeckt, die auch in anderen Tumorarten vorkommen und mit denen sich die Residualen Tumorzellen viel gezielter bekämpfen ließen.

In Kooperation mit der Bayer-Allianz des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) wird das Wissenschaftlerteam jetzt eine Forschungsplattform aufbauen, die sich ganz auf die Erforschung Residualer Tumorzellen konzentriert. Ziel ist es zunächst, die bereits identifizierten potentiellen neuen Targets näher zu untersuchen. Die vielversprechendsten Wirkstoffkandidaten  werden dann in einer möglichen späteren Phase des Projekts eingesetzt, um genau die Zellen zu bekämpfen, aus denen der Tumor nach erfolgter Operation meist wieder heranwächst.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum und Bayer arbeiten seit 2009 im Bereich Entwicklung neuer Arzneimittel zusammen. Das Ziel dieser strategischen Allianz ist es, den Transfer von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen in die medizinische Anwendung zu befördern und zu beschleunigen. Um das zu erreichen, führen die Partner gemeinsame, kollaborative Projekte auf dem Gebiet der frühen Arzneimittelentwicklung durch, das heisst, sie identifizieren und validieren neue Angriffsziele für Medikamente und entwickeln daraus gemeinsam neue Arzneimittel für die Krebstherapie. Im Jahr 2013 wurde die Allianz durch ein gemeinsames Labor erweitert, in dem DKFZ- und Bayer-Wissenschaftler gemeinsam an Projekten im Bereich Immuntherapie arbeiten.