23.08.2023
DruckenErstmaliger Einsatz zielgerichteter natürlicher Killerzellen bei Patientinnen und Patienten mit bösartigem Hirntumor
Die natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) tragen einen sogenannten chimären Antigenrezeptor (CAR). Dieser Rezeptor wurde gentechnisch so verändert, dass er das Tumorantigen HER2 (ErbB2) als Zielstruktur erkennt und nach spezifischer Aktivierung der NK-Zellen gezielt den Zelltod HER2-positiver Tumorzellen einleitet, normale Zellen im Gehirn dagegen verschont. Ein Forschungsteam am Georg-Speyer-Haus und dem Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie des DRK-Blutspendedienstes in Frankfurt am Main hat diese CAR-NK-Zellen entwickelt und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen vom Dr. Senckenbergischen Institut für Neuroonkologie und dem Neurologischen Institut (Edinger Institut) in präklinischen Modellen des Glioblastoms funktionell analysiert und charakterisiert.
„In der CAR2BRAIN-Studie werden CAR-NK-Zellen für die zielgerichtete Therapie von Patientinnen und Patienten untersucht, die unter einem bösartigen Hirntumor leiden. Gerade bei solchen Erkrankungen sind neue Erkenntnisse so wichtig, weil sich ihre Behandlung häufig schwierig gestaltet“, betont Prof. Dr. Winfried Wels vom Georg-Speyer Haus.
Das interdisziplinäre Studien-Team am Hirntumorzentrum des Universitären Centrums für Tumorerkrankungen (UCT) am Universitätsklinikum Frankfurt berichtet hier vom weltweit erstmaligen klinischen Einsatz dieser genmodifizierten NK-Zellen bei neun Patientinnen und Patienten, bei denen zuvor ein Glioblastom-Rezidiv aufgetreten war.
Dabei wurden CAR-NK-Zellen nach der Rezidiv-Operation von den Ärztinnen und Ärzten der Klinik für Neurochirurgie direkt in den Randbereich der Operationshöhle eingebracht. Dort sollen sie an den HER2-Rezeptor von im Gewebe verbliebenen Glioblastomzellen binden, diese abtöten und zusätzlich das patienteneigene Immunsystem aktivieren.
Im ersten Teil der klinischen Studie erwies sich dieser Ansatz als sicher und gut durchführbar. Es wurden bis zu 100 Millionen dieser spezifischen CAR-NK-Zellen injiziert, ohne dass schwerwiegende Nebenwirkungen auftraten. Aus den im Rahmen der Studie durchgeführten Untersuchungen ergaben sich auch Hinweise auf eine lokale Immunaktivierung nach Injektion der CAR-NK-Zellen. Analysen an entnommenem Tumorgewebe, durchgeführt am Edinger Institut und der Immunmonitoring-Plattform des FCI, zeigten zudem, dass eine hohe Zahl zytotoxischer Immunzellen, sogenannter CD8-T-Zellen, mit einem besseren Krankheitsverlauf korrelierte.
In einem weiterführenden Teil der CAR2BRAIN-Studie untersucht das Studien-Team derzeit Sicherheit und Wirksamkeit wiederholter lokaler Injektionen von CAR-NK-Zellen in Kombination mit einem systemisch verabreichten Immunaktivator, einem sogenannten Immun-Checkpoint-Inhibitor. Dadurch soll eine optimale Aktivierung des patienteneigenen Immunsystems erreicht werden, welche die direkte Wirkung der CAR-NK-Zellen unterstützt.
Diese Studie ist ein wichtiger Schritt für die Entwicklung zellulärer Immuntherapien zur Behandlung solider Tumoren. „Die im translationalen Teil der Studie mit Unterstützung durch das DKTK, das FCI und die Translatorik-Förderlinie der Else Kröner-Fresenius-Stiftung gewonnenen Erkenntnisse sollen für die weitere Verbesserung dieses Ansatzes und die Entwicklung maßgeschneiderter Immuntherapien genutzt werden“, fasst Privatdozent Dr. Michael Burger, Leiter der klinischen Studie, zusammen.
Die erfolgreiche Überführung einer innerhalb des FCI entwickelten zellulären Gentherapie als Advanced Therapy Medicinal Product (ATMP) bis hin zu ihrer Anwendung im Rahmen klinischer Studien verdeutlicht zudem die Leistungsfähigkeit akademischer Einrichtungen und der Universitätsmedizin am Standort Frankfurt am Main bei der Entwicklung fortgeschrittener und personalisierter Arzneimittel.
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