Das Labor von Dr. Borhane Guezguez, DKTK Nachwuchsgruppenleiter am Universitären Centrum für Tumorerkrankungen (UCT) der Universitätsmedizin Mainz, ist noch leer. Doch er hat schon eine Wunschliste. Ganz oben steht eine Maschine, mit der sich der Metabolismus von Krebszellen messen lässt. „Krebszellen sind wahre Zuckermonster. Sie kurbeln den Energiehaushalt der umgebenden Zellen an, um sich ungehemmt teilen zu können und die Bildung neuer Blutgefäße anzuregen“, erklärt Guezguez, der seit dem 15. März 2017 die DKTK Nachwuchsgruppe für „Krebsimmuntherapie“ am Partnerstandort Frankfurt/Mainz aufbaut.
Wie durch Veränderungen im Zuckerhaushalt der Zellen Krebs entstehen kann, konnten Guezguez und Kollegen kürzlich eindrücklich zeigen: Gesunde Blutstammzellen des Knochenmarks gingen in Vorstadien akuter Leukämie (AML) über und wurden schließlich zu bösartigen AML Zellen, wenn die Forscher Schritt für Schritt unterschiedliche Genvarianten des Enzyms Glykogensynthase Kinase-3 (GSK-3) ausschalteten. Das Enzym gehört zu den Schlüsselproteinen des zellulären Zuckerhaushaltes und eignet sich offenbar auch als Biomarker für fortgeschrittene Stadien bei Blutkrebs. Bei AML Patienten in fortgeschrittenen Stadien war die Aktivität des Gens für die GSK-3 Variante Beta besonders niedrig, wie die im Journal Cancer Cell veröffentlichte Studie zeigte.
Guezguez sieht hier die Chance, die Aktivitätsmuster der GSK-3 Gene für die personalisierte Behandlung bei AML zu nutzen: „Zuverlässige molekulare Biomarker können helfen zu entscheiden, ob man bereits mit einer Chemotherapie allein gute Heilungschancen hat oder doch noch eine risikoreiche Stammzelltransplantation in Erwägung ziehen sollte.“
Mit Guezguez gewinnt das DKTK einen ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet der Stammzellforschung. Nach seiner Doktorarbeit an der Pierre & Marie Curie Universität (UPMC), Paris konzentrierte sich der Molekularbiologe auf die Bedeutung von „Nischenzellen“ des Knochenmarks bei der Entstehung von Leukämie. Nischenzellen dienen der Selbsterneuerung von Blutstammzellen und ihrem Überleben. Die sogenannten hämatopoetischen Stammzellen (HSCs) aus der Nische sind wegen ihrer regenerativen Fähigkeiten für die Stammzelltransplantation äußerst interessant und weil sie besonders gut vom Immunsystem toleriert werden. „Aus dem Knochenmark lassen sich jedoch nur geringe Mengen davon gewinnen. Daher sucht man nach Möglichkeiten, die Zellen in vitro zu vermehren“, sagt Guezguez. Am Stem Cell and Cancer Research Institute McMaster University in Kanada entwickelte Guezguez eigens dafür ein neues Versuchsmodell: Mit Hilfe sogenannter PDX Mäuse, die Leukämiezellen von Patienten tragen, können die Wissenschaftler den Selbsterhalt und die Entwicklung von Stammzellen nach einer Transplantation untersuchen. Die Forscher wollen so herausfinden, welche zelluläre Umgebung HSCs für Ihre Vermehrung brauchen und wie man sie vor einer Transplantation auf den „richtigen“ Differenzierungsweg bringen kann.
Mit seiner Arbeitsgruppe möchte Guezguez im DKTK auch neue Wege für die immuntherapeutische Behandlung von Leukämien finden und innovative Ansätze für die Stammzelltransplantation entwickeln.