13.07.2017

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School of Oncology- Fellow Dr. Martin Niklas – Partikelbeschuss in Krebszellen sichtbar machen

Tumoren, die für Chirurgen unerreichbar liegen, können mit Ionenbestrahlung präzise zerstört werden. Dr. Martin Niklas hat einen Biosensor mit lebenden Krebszellen entwickelt, um die Wirkung der Partikelstrahlung innerhalb der Zellen sichtbar zu machen.

Quelle: Martin Niklas

Partikeltherapieanlagen haben etwas Monströses.  Die „Gantry“ des Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrums (HIT) ist eine 25 Meter lange, 670 Tonnen schwere Konstruktion aus Stahl. Um den Patienten rotiert ein Teilchenbeschleuniger mit 13 Metern Durchmesser.

Was sich dort während einer Behandlung abspielt, lässt sich für das bloße Auge jedoch nur schwer darstellen. Ionen, winzige Teilchen, werden  punktgenau und mit hoher Geschwindigkeit auf den Tumor geschossen. Für Ärzte gehört diese relativ junge Therapiemethode zu den bedeutendsten Errungenschaften der Krebsmedizin. Denn auch wenn Tumoren tief im Körper liegen wird nur der Tumor zerstört. Das umliegende Gewebe bleibt weitestgehend geschont.

Für präzise Treffer muss die Strahlendosis auf den Tumor eines jeden Patienten individuell eingestellt werden. „Es ist deshalb besonders wichtig zu verstehen, wie viele Teilchen notwendig sind, um einen Tumor vollständig zu zerstören und wie einzelne Krebszellen reagieren, wenn sie getroffen werden“, erklärt Dr. Martin Niklas, Nachwuchswissenschaftler der DKTK School of Oncology. Der Physiker hat im Rahmen seiner Promotion eine neue Technik entwickelt, um den Weg der Partikel durch die Tumorzellen sichtbar und damit nachweisbar zu machen was sie in den Krebszellen anrichten. In enger Kollaboration mit dem Universitätsklinikum Heidelberg entwickelte seine Projektgruppe im DKTK ein Art Dosimeter mit lebenden Krebszellen. Die Zellen wachsen auf einer Aluminiumoxidplatte, durch die der Einschlag einzelner Ionen sichtbar wird. Unter dem Mikroskop können die Wissenschaftler anschließend die molekulare Reaktion auf jeden einzelnen Treffer beobachten. „Es ist bislang  eine einmalige Technik, mit der wir im Nanometerbereich zeigen können, wo eine Zelle getroffen wird, ob beispielsweise das Erbgut dabei geschädigt wird und welche Einschläge für die Zelle tödlich sind“, sagt Niklas.

Auf Aluminiumoxidplatten von der Größe eines Daumennagels werden Krebszellen gepflanzt. (Quelle: Martin Niklas)

Niklas Berufserfahrung und sein ungewöhnlicher Karriereweg scheinen ideal für die Entwicklung innovativer Medizintechniken. Als IT-Elektroniker bei Siemens kämpfte er sich über den zweiten Bildungsweg in das Physikstudium. Nach seiner Promotion begann er nebenbei mit dem Medizinstudium. Wer mit ihm über seine Arbeit spricht, spürt die Begeisterung die Niklas Forschung antreibt: „Ich wollte raus aus der Schwerindustrie und etwas entwickeln, das Menschen hilft. Durch meinen vielseitigen Hintergrund kann ich Fragestellungen der biomedizinischen und technischen Forschung aus ganz verschiedenen Blickwinkeln betrachten.“ In seinem Projekt arbeiten Ärzte, Physiker, und Biologen. „Diese fächerübergreifende Zusammenarbeit im DKTK schätze ich sehr. Man kann in ganz neue Richtungen denken“, so Niklas.

Der Biosensor macht jeden einzelnen Ionentreffer (weiß) in den Zellen (roter Zellkern) sichtbar. (Quelle: Martin Niklas)

Nachdem sein Team zeigen konnte, dass die Biosensor-Technik funktioniert, geht es jetzt an die Beantwortung konkreter Fragen. Der Biosensor soll neue Erkenntnisse über den sogenannte „Bystander-Effekt“ liefern, durch den auch benachbarte gesunde Zellen geschädigt werden können, obwohl sie gar nicht von dem Partikelbeschuss getroffen wurden. Auch ob Krebszellen nach einer Chemotherapie anders auf den Ionenbeschuss reagieren, als vor der Behandlung wollen die Wissenschaftler klären. Im Sinne der personalisierten Strahlentherapie sind vor allem Biosensoren mit patientenspezifischem Gewebe interessant. „Wir arbeiten bereits daran, Biopsien auf dem Biosensor zu kultivieren aber momentan ist das noch Zukunftsmusik“, sagt Niklas. „Unser Hauptziel ist es, die Ergebnisse zur Dosis-Wirkungsbeziehung für neue klinische Standards zu nutzen, um die Behandlung für Patienten so effektiv und schonend wie möglich planen zu können.“