22.03.2017

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DKTK Wissenschaftler im Porträt: Philipp Greif - Auf der Jagd nach dem Krebstreiber

Wer das Genom von Tumorzellen eines erwachsenen Erkrankten untersucht, entdeckt dort ein scheinbar wüstes Durcheinander unterschiedlicher Erbgutveränderungen: DNA-Basenpaare sind ausgetauscht, Gene vervielfältigt und bisweilen gehen sogar ganze Chromosomenstücke verloren oder kommen hinzu. Aber welche Mutationen sind die entscheidenden beim Übergang zur unkontrollierten Zellteilung und welche bestimmen, wie schnell der Klon wuchert, in andere Gewebe streut oder resistent gegen eine Therapie wird? Einer, der sich darauf spezialisiert hat, diese sogenannten Treibermutationen aufzuspüren ist der Humangenetiker Dr. Philipp Greif, Nachwuchsgruppenleiter im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK).

© Tobias Schwerdt / DKTK, DKFZ

Philipp Greif, das ist unüberhörbar, kommt aus Bayern. München um genau zu sein. Am Klinikum der Universität München erforscht der Facharzt für Humangenetik die genetischen Grundlagen von Leukämieerkrankungen und sucht in Patientenproben nach den entscheidenden Mutationen, an denen Diagnose- und Therapieverfahren ansetzen könnten. „Wir untersuchen zunächst kleinere Gruppen von etwa fünf bis 50 Patienten, um mögliche Treibermutationen zu identifizieren. Besonders interessant sind Mutationen, die in bestimmten Patientengruppen gehäuft auftreten“, sagt Greif. „In größeren Kohorten überprüfen wir dann, ob sich unsere Ergebnisse bestätigen.“ Die genaue Funktion interessanter Kandidaten untersucht seine Arbeitsgruppe anschließend in Zellkulturen und an Mäusen.

Targeting leukemia cells

Using this approach, Greif and his team have already identified a few promising candidates for new types of treatment. They include the N676K mutation in the gene of the growth factor receptor FLT3, which plays a key role in the development of acute myeloid leukemia (AML). As Greif’s team discovered, the N676K-mutated receptor not only stimulates the growth of the leukemia cells, but it is also responsible for the development of resistance to certain active pharmaceutical ingredients.

Last year, the team published findings about another previously unknown mutation that promotes the growth of leukemia cells: the mutation in the ZBTB7A gene stimulates cell metabolism and delivers the energy the cancer cells need to divide unchecked. “However, the mutation also makes the cells more susceptible to certain metabolism inhibitors, which we can use to target the leukemia cells,” explains Greif. “We plan to use these findings to develop a new combination therapy.”

Leukämiezellen gezielt ausbremsen

Mit dieser Vorgehensweise haben Greif und sein Team bereits einige vielversprechende Kandidaten für neue Therapieansätze identifiziert. Beispielsweise die Mutation N676K im Gen des Wachstumsrezeptors FLT3, der eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Akuter Myeloischer Leukämie (AML) spielt. Der N676K-mutierte Rezeptor kurbelt nicht nur das Wachstum der Zellen an, fanden die Wissenschaftler um Greif heraus. Er ist auch verantwortlich für bestimmte Wirkstoffresistenzen.

Im vergangenen Jahr veröffentlichte sein Team Ergebnisse über eine weitere bislang unbekannte Mutation, die das Wachstum von Leukämiezellen begünstigt: Die Mutation im Gen namens ZBTB7A regt den Stoffwechsel der Zellen an und liefert den Krebszellen die nötige Energie, um sich ungebremst zu teilen. „Die Mutation macht die Zellen jedoch auch empfindlicher für bestimmte Stoffwechsel-Hemmer, mit denen sich die Leukämiezellen ausbremsen lassen“, erklärt Greif. „Diese Ergebnisse wollen wir nutzen, um eine neue Kombinationstherapien zu entwickeln.“

Forschung und Patientenversorgung unter einen Hut bringen

Greif gehört er zu den wenigen Ärzten in Deutschland, deren Stelle kliniknahe Forschung und Patientenversorgung vereint. „Ich bin momentan zu 20 Prozent in der Klinik eingebunden und kann mich überwiegend auf meine Forschung im DKTK konzentrieren. Da habe ich es deutlich besser, als einige meiner forschenden Kollegen, die ihre Experimente im Labor auf den Abend verlegen müssen.“ Dass er als Arzt in die Forschung gehen wollte, entschied Greif bereits während seiner medizinischen Doktorarbeit in der Epigenetik, ein vergleichsweise junger Forschungszweig, der untersucht, wie die Verpackung der DNA die Regulation von Genen steuert. „Intensiv einer wissenschaftlichen Fragestellung nachgehen zu können, hat mich schon damals fasziniert und ich bin dabei geblieben.“

Tätigkeiten für die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf lieferten dem Münchner dann die globale Sicht auf das Thema Krebs: „Bei der WHO lernt man, Erkrankungen in einem globalen Kontext zu sehen. Damals zeichnete sich ab, dass Krebserkrankungen weltweit auf dem Vormarsch sind, während viele Infektionskrankheiten eher zurückgehen“, erinnert sich Greif. Im Jahr 2005 folgten weitere Forschungsjahre mit einem Postdoc-Stipendium der Carreras Stiftung in der „Klinischen Kooperationsgruppe für Leukämie“ am Helmholtz-Zentrum München.

Leukämiezellen brauchen weniger Mutationen

Warum er sich auf die Erforschung von Leukämieerkrankungen spezialisiert hat? „Leukämie ist für die Erforschung krebstreibender Mutationen ein besonders interessantes Modell, weil die Komplexität im Vergleich zu soliden Tumoren überschaubarer ist“, erklärt Greif. „Im Erbgut von Leukämiezellen findet man durchschnittlich nur etwa ein Zehntel der Mutationen, die in soliden Tumoren vorkommen. Vermutlich weil sich die Leukämiezellen über das Blut auch mit wenig Mutationen schnell ausbreiten können, während solide Tumoren dazu erst mal aus dem Gewebe ausbrechen müssen.“

Die Hauptmotivation für seine Forschung seien jedoch die Leukämiepatienten: „Besonders bei der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) sind gezielte Therapien noch nicht etabliert und es stehen kaum personalisierte Ansätze zur Verfügung. Hier können Biomarker helfen zu entscheiden, ob man bereits mit einer Chemotherapie allein gute Heilungschancen hat oder zusätzlich eine risikoreiche Stammzelltransplantation in Erwägung ziehen sollte.“

Kritische Klone zuerst beseitigen

In den krebsbedingten Erbgutveränderungen „die Spreu vom Weizen“ zu trennen sei jedoch trotz der explodierenden technischen Fortschritte nach wie vor sehr komplex. Ein besonderes Anliegen ist dem Humangenetiker daher der besonnene Umgang mit Erbgutanalysen bei der Patientenberatung: „Manchmal ist es nicht möglich zu erkennen, ob es sich um eine krebsauslösende oder eine Normvariante handelt. Wir müssen daher bei jeder genetischen Beratung auch abwägen, ob wir einen Patienten mit der Informationen einer Erbgutanalyse eher ent- oder belasten.“

In dem kürzlich gestarteten Sonderforschungsbereich (SFB 1243) „Tumorevolution“ laufen jetzt neue Untersuchungen, mit denen Greif und andere Wissenschaftler den Mutationsprofilen von Patienten auf den Grund gehen. „Eine Therapie ist auch eine Art positive Auslese für resistente Tumorzellen“, erklärt Greif. „Ungünstige Krankheitsverläufe mit frühem Rückfall sehen wir vor allem bei Leukämiepatienten, deren Tumorzellen im Laufe einer Therapie keine Mutationen dazu gewinnen oder sogar Mutationen verlieren. Der Teil der Tumorzellen, die auf die Therapie ansprechen, wurde hier zwar beseitigt, aber dies erlaubt den verbliebenen Krebszellen womöglich, sich noch schneller auszubreiten.“

Einige neue Muster bei der Entwicklung bestimmter Tumorzellklone konnten die Wissenschaftler bereits erkennen: „Rückblickend sehen wir jetzt, welche Klone aus der Erstdiagnose nach der Chemotherapie wieder als Rezidiv herausgewachsen sind“, erlaubt Greif einen Blick auf unveröffentlichte Ergebnisse „Künftig hoffen wir die Bedeutung konkurrierender Tumorzellklone besser zu verstehen, um besonders hartnäckige Krebszellen bereits bei der Erstdiagnose zu identifizieren und gezielt bekämpfen zu können.“

Auf der Suche nach den entscheidenden Mutationen im Tumorerbgut. Philipp Greif in seinem Labor an der Ludwig-Maximilians Universität (LMU). (© Philipp Greif)

Leukämiezellen brauchen weniger Mutationen

Warum er sich auf die Erforschung von Leukämieerkrankungen spezialisiert hat? „Leukämie ist für die Erforschung krebstreibender Mutationen ein besonders interessantes Modell, weil die Komplexität im Vergleich zu soliden Tumoren überschaubarer ist“, erklärt Greif. „Im Erbgut von Leukämiezellen findet man durchschnittlich nur etwa ein Zehntel der Mutationen, die in soliden Tumoren vorkommen. Vermutlich weil sich die Leukämiezellen über das Blut auch mit wenig Mutationen schnell ausbreiten können, während solide Tumoren dazu erst mal aus dem Gewebe ausbrechen müssen.“

Die Hauptmotivation für seine Forschung seien jedoch die Leukämiepatienten: „Besonders bei der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) sind gezielte Therapien noch nicht etabliert und es stehen kaum personalisierte Ansätze zur Verfügung. Hier können Biomarker helfen zu entscheiden, ob man bereits mit einer Chemotherapie allein gute Heilungschancen hat oder zusätzlich eine risikoreiche Stammzelltransplantation in Erwägung ziehen sollte.“

Kritische Klone zuerst beseitigen

In den krebsbedingten Erbgutveränderungen „die Spreu vom Weizen“ zu trennen sei jedoch trotz der explodierenden technischen Fortschritte nach wie vor sehr komplex. Ein besonderes Anliegen ist dem Humangenetiker daher der besonnene Umgang mit Erbgutanalysen bei der Patientenberatung: „Manchmal ist es nicht möglich zu erkennen, ob es sich um eine krebsauslösende oder eine Normvariante handelt. Wir müssen daher bei jeder genetischen Beratung auch abwägen, ob wir einen Patienten mit der Informationen einer Erbgutanalyse eher ent- oder belasten.“

In dem kürzlich gestarteten Sonderforschungsbereich (SFB 1243) „Tumorevolution“ laufen jetzt neue Untersuchungen, mit denen Greif und andere Wissenschaftler den Mutationsprofilen von Patienten auf den Grund gehen. „Eine Therapie ist auch eine Art positive Auslese für resistente Tumorzellen“, erklärt Greif. „Ungünstige Krankheitsverläufe mit frühem Rückfall sehen wir vor allem bei Leukämiepatienten, deren Tumorzellen im Laufe einer Therapie keine Mutationen dazu gewinnen oder sogar Mutationen verlieren. Der Teil der Tumorzellen, die auf die Therapie ansprechen, wurde hier zwar beseitigt, aber dies erlaubt den verbliebenen Krebszellen womöglich, sich noch schneller auszubreiten.“

Einige neue Muster bei der Entwicklung bestimmter Tumorzellklone konnten die Wissenschaftler bereits erkennen: „Rückblickend sehen wir jetzt, welche Klone aus der Erstdiagnose nach der Chemotherapie wieder als Rezidiv herausgewachsen sind“, erlaubt Greif einen Blick auf unveröffentlichte Ergebnisse „Künftig hoffen wir die Bedeutung konkurrierender Tumorzellklone besser zu verstehen, um besonders hartnäckige Krebszellen bereits bei der Erstdiagnose zu identifizieren und gezielt bekämpfen zu können.“